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Die rechtliche Situation in der Schweiz

Antworten von verschiedenen Abteilungen des Bundesamtes für Umwelt (BUFU) - Herzlichen Dank!

 

Gibt es rechtliche Bestimmungen
zum Schutz von Wildbienen in der Schweiz?

BAFU: Artenschutz ist primär Schutz bestimmter Tier- und Pflanzenarten vor direkter Gefährdung. Der Artenschutz schützt die einzelnen Individuen vor Vernichtung. Die Bestimmungen wirken erst ab einer bestimmten Unmittelbarkeit der Gefährdung (Maurer, Kommentar NHG, Zürich 1997, Vorbemerkungen Art. 18 – 23, Rz 3). So ist es untersagt, Tiere geschützter Arten zu töten, zu verletzen oder zu fangen sowie ihre Eier, Larven, Puppen, Nester oder Brutstätten zu beschädigen zu zerstören oder wegzunehmen (Art. 20 Abs. 2 Bst. a NHV). Allerdings sind keine Wildbienenarten nach Anhang 3 NHV geschützt (kantonale Bestimmungen vorbehalten).
Die in Art. 18 Abs. 1 NHG enthaltenen programmatischen Vorgaben halten die zuständigen Instanzen nicht erst zu sektoriellen Schutzvorkehren an, wenn einzelne Tier- und Pflanzenarten unmittelbar vom Ausserben bedroht sind. Der in Art. 18 Abs. 1 NHG aufgenommene Schutz von Tier- und Pflanzenarten verpflichtet den Bund und die Kantone vielmehr umfassender zu ökologisch-naturräumlicher Ressourcensicherung (Fahrländer, a.a.O., Art. 18, Rz 8).
Gemäss der Roten Liste der gefährdeten Tierarten (Hrsg. BUWAL, Bern 1994, S. 38) sind die dort aufgeführten (Wild-)Bienen gefährdet. Lebensräume von solchen Bienen gelten aufgrund von Art. 14 Abs. 3 Bst. d NHV als schützenswerte Lebensräume im Sinne von Art. 18 insb. Abs. 1bis NHG. Ihre Beseitigung durch technische Eingriffe bedarf einer Interessenabwägung; lässt sich ein Eingriff nicht vermeiden, ist für deren bestmöglichen Schutz, für Wiederherstellung oder ansonsten für angemessenen Ersatz des Lebensraumes zu sorgen.

 

Erhältlichkeit von Insektiziden:
Bekämpfung von Wildbienen/Honigbienen als «Schädlinge»

Insektizide sind im Handel auch von Privaten leicht zugänglich. Oft werden sie ohne das dafür nötige Fachwissen auch gegen Nützlinge wie Wildbienen eingesetzt (z.B. im Fall Pratteln 2011). Die Packungen der Hersteller sind selten mit genügend Informationen versehen.
Gerade in Zeiten des Bienensterbens ist hier eine Änderung dringlich, so ist dies zum Beispiel in Deutschland verboten, da Bienen dort geschützt sind.

BAFU: Die Bienen sind Nutzarthropoden und per Definition keine Schadorganismen. Die Bekämpfung von Bienen darf folglich nicht Verwendungszweck eines Pflanzenschutzmittels oder Biozids sein. Im Gegenteil müssen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden deren allfällige negative Auswirkungen auf Nichtzielorganismen (insb. Nutzarthropoden) angemessen berücksichtigt werden.

Pflanzenschutzmittel und Biozide werden nur für einen bestimmten Verwendungszweck zugelassen. Den Inverkehrbringer trifft im Allgemeinen eine Informationspflicht betreffend den Verwendungszweck. Wer diesen missachtet und z.B. ein Insektizid gegen Nutzorganismen verwendet, kann nach Art. 60 Abs. 1 Bst. d bzw. e Umweltschutzgesetz (Biozide) oder Art. 173 Abs. 1 Bst. i Landwirtschaftsgesetz (Pflanzenschutzmittel) bestraft werden.

Im Übrigen ist in der EU infolge des Honigbienensterbens die Richtlinie 2010/21/EU zur Änderung der Richtlinie 91/414 mit Sonderbestimmungen zu Clothianidin, Thiamethoxam, Fipronil und Imidacloprid erlassen worden. Unfallbedingte Freisetzungen dieser Wirkstoffe, die in jüngster Zeit von mehreren Mitgliedstaaten gemeldet wurden, haben zu erheblichen Verlusten von Honigbienenvölkern geführt. Daher haben die betroffenen Mitgliedstaaten vorsorgliche Massnahmen getroffen, um das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit diesen Wirkstoffen vorübergehend auszusetzen. Die Schweiz hat dieses Problem erkannt und hat ähnliche Massnahmen getroffen (z.B. betreffend die Saatgutbehandlung).

 

Bienen als Wirbellose in der Schweiz nicht geschützt

Antwort und Rechtsauskunft von der «Stiftung für das Tier im Recht» - herzlichen Dank!

Als Wirbellose fallen Bienen nicht in den Anwendungsbereich des Schweizer Tierschutzrechts, weil Schmerzempfinden und Leidensfähigkeit nicht zweifelsfrei nachgewiesen sei*. In verschiedenen anderen Ländern (u.a. in Deutschland und Österreich) werden jedoch auch wirbellose Tiere durch das Tierschutzrecht geschützt.

Weil Bienen nicht im Anhang 3 NHV (Verordnung über den Natur- und Heimatschutz) aufgeführt sind, fallen sie auch nicht unter den Schutz der Natur- und Heimatschutzgesetzgebung.

Auch in der «Schädlingsbekämpfung» gibt es leider noch keine Bestimmungen, welche die Wirbellosen vor Schmerzen und Leiden schützt. Noch ist es auch Privaten erlaubt, zu Insektensprays zu greifen.
In jedem Fall sind tierfreundliche Methoden vorzuziehen und kompetente Fachleute beizuziehen.

Linktipp:
«Stiftung für das Tier im Recht» zur überfälligen Ausweitung des TschG auf die Wirbellosen

 

wildBee.ch setzt sich für einen verbesserten Rechtsstatus
von (Wild-)Bienen in der Schweiz ein

Die Schweiz hat hier grossen Nachholbedarf. Dringend ist dies auch gerade jetzt in Zeiten des Bienensterbens. *Eine britische Studie hat kürzlich die Gefühle von Honigbienen erforscht.
wildBee.ch setzt sich dafür ein, das Schweizer Tierrecht hier zu erweitern. Der Bundesrat hat den Anwendungsbereich des Tierschutzgesetzes bereits auf Kopffüssler und Panzerkrebse ausgeweitet, dies muss nun baldmöglichst auch auf Bienen erweitert werden. Idealerweise natürlich auf alle Wirbellosen.

 

  

Ist das Anbringen von Nisthilfen
für Wildbienen in der Schweiz erlaubt?

BAFU: Das Anbringen von Nisthilfen ist eine «passive» Massnahme, die nicht dem aktiven Ansiedeln nach NHG entspricht. Dabei wird, ohne Arten einzuführen, den Wildbienen vor Ort künstlicher Unterschlupf angeboten, was die Art unter Umständen fördern kann. Dazu gibt es keine bundesrechtlichen Bestimmungen.

Ansiedeln von Wildbienen

BAFU: Das Ansiedeln von Tieren (landes- und standortfremder Arten) bedarf der Bewilligung des Bundesrates (Art. 23 NHG).
Nach Art. 21 NHV kann das UVEK im Einvernehmen mit den betroffenen Kantonen die Wiederansiedlung von Arten, Unterarten und Rassen, die in der Schweiz wild lebend nicht mehr vorkommen, bewilligen, sofern:
a. ein genügend grosser artspezifischer Lebensraum vorhanden ist;
b. entsprechende rechtliche Vorkehren zum Schutz der Art getroffen sind,
c. keine Nachteile für die Erhaltung der Artenvielfalt und ihrer genetischen Eigenart entstehen.

 

Gibt es rechtliche Bestimmungen
bei der Zerstörung von Nistplätzen?

Beim Abriss, bei Sanierung oder Renovation von alten Häusern, beim Fällen von alten Bäumen und verbrennen dieser, bei der Asphaltierung von Naturwegen etc. werden oft Nistplätze von Wildbienen zerstört. Um dies zu vermeiden, ist es empfohlen, vor solchen Massnahmen Wildbienenspezialisten beratend hinzuzuziehen.

BAFU: Was den Schutz, die Wiederherstellung oder den Ersatz von Nistplätzen betrifft -> sieheoben
Da es sich bei den Wildbienen – wie erwähnt – nicht um geschützte, sondern um gefährdete Arten nach Art. 14 Abs. 3 Bst. d NHV handelt, ist die Vernichtung von Wildbienen bzw. die Zerstörung oder schwere Beschädigung deren Nistplätze nicht nach Art. 24a Bst. b NHG i.V.m. Art. 20 Abs. 5 NHV strafbar.
Da Wildbienenarten auch nicht nach dem Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (CITES, abgeschlossen in Washington am 3. März 1973; SR 0.453) geschützt sind, kommt auch die Strafbestimmung von Art. 24 Abs. 1 Bst. d NHG nicht zur Anwendung.

 

Gibt es rechtliche Bestimmungen zu Zucht, Handel und Versand
von Wildbienen zur landwirtschaftlichen Nutzung?

Mit zunehmender Sorge ist eine Zunahme des gewerblichen Handels mit Wildbienen festzustellen. So werden Hummeln (Bombus terrestris), Mauerbienen (Osmia bicornis, Osmia cornuta) im grossen Stil und in unnatürlichen Massen gezüchtet, verkauft und per Post verschickt. Zu befürchten ist eine Domestikation und die Entwicklung von Krankheiten. In Deutschland ist es gemäss Bundesartenschutzverordnung verboten, besonders geschützte Tiere in Gewahrsam zu nehmen, sie vorrätig zu halten oder zu verkaufen. Ihnen darf als besonders geschützte Tierarten nicht nachgestellt werden und deren Entwicklungsstadien dürfen nicht entnommen werden. Anbieter brauchten deshalb eine Ausnahmegenehmigung.

BAFU: Für den Einsatz von Wildbienen zur landwirtschaftlichen Nutzung ist grundsätzlich eine Zulassung nach der Pflanzenschutzmittelverordnung (PSMV; SR 916.161) erforderlich. Hierfür ist das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) zuständig.
Für nicht landwirtschaftliche Nutzungen ist entscheidend, ob eine Wildbienenart als gebietsfremd im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Bst. f der Freisetzungsverordnung (FrSV; SR 814.911) gilt oder nicht, d.h. ob sie von ausser- oder innerhalb Europa stammt. Auf europäische Wildbienenarten sind neben den Artenschutzbestimmungen (vgl. insb. Ziff. 2 oben) namentlich die Artikel 4 – 6 FrSV anwendbar, d.h. es besteht eine Sorgfalts- und Informationspflicht beim Inverkehrbringen solcher Arten.

 


Grundsätzliches zum Thema Wildtiere:

Schutz der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt

Der Schutz der einheimischen Wildtiere ist im Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz geregelt.

Art. 18.1    Dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten ist durch die Erhaltung genügend grosser Lebensräume (Biotope) und andere geeignete Massnahmen entgegenzuwirken. Bei diesen Massnahmen ist schutzwürdigen land- und forstwirtschaftlichen Interessen Rechnung zu tragen.
1bis            Besonders zu schützen sind Uferbereiche, Riedgebiete und Moore, seltene Waldgesellschaften, Hecken, Feldgehölze, Trockenrasen und weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige Voraussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweisen.
 

 

Einheimische Wildtiere dürfen nicht privat gehalten werden

Wildtiere, die gemäss Heimatschutzrecht geschützt sind, dürfen grundsätzlich weder gejagt, noch gefangen oder privat gehalten werden. 

 

 

Politik

Ende 2013 antwortete der Bundesrat auf die Interpellation "Wildbienen und andere wilde Bestäuberinsekten besser schützen"

Im Mai 2014 erschien ein Expertenbericht zum "Nationalen Massnahmenplan für die Gesundheit der Bienen" und der Bericht des Bundesrates dazu.

wildBee setzt sich insbesondere für die Schaffung einer Fachstelle Wildbestäuber ein, mehr dazu unter naturschutz.ch

 

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